Solarfliegen - Teil 2 
"Photon" im Detail

Im 2. Teil meiner Ausführungen übers Solarfliegen möchte ich euch näherbringen, wie ich Photon konzipiert, konstruiert und aufgebaut hab.

Mein Ziel dabei ist es, dass Interessierte genau nachvollziehen können, wie ich die im 1. Teil beschriebenen Klippen umschifft habe. Außerdem möchte ich es denen von euch, die jetzt vom "Haben-Will-Virus" infiziert sind, ermöglichen, sich an einen Nachbau zu wagen.

Die Bezugsquellen für alle benötigten Komponenten sind ganz am Ende dieses 2. Teils nachzulesen!


1. Konzeption

Die Auswahl an Komponenten, die fürs Solarfliegen geeignet sind, ist nicht gerade gigantisch! Kein Wunder, schließlich sind die Solar-Modellflieger weltweit an ein paar Händen abzuzählen und damit ist es kein wirklich lukrativer Industriezweig.

Konsequenz ist, dass ich also einen Flieger um industriell erhältliche Komponenten herumbasteln musste.

Insofern lässt sich dieser Abschnitt schnell abhandeln: Ich musste mir eine ungefähre Größenvorstellung machen und schließlich schauen, mit welchen Solarzellen und welchem Motor diese Größe +/- 30%, in meinem Fall 1,00 m +/- 30 cm, zu erreichen ist. Anschließend heißt es:

Probieren, was sinnvoll erscheint und dann rechnen, rechnen und noch mehr rechnen!

Als wesentliche Hilfe hat sich dabei eine Excel-Tabelle herausgestellt. Denn man muss dann nicht jedes Mal aufs Neue alles in den Rechner einhacken, sondern trägt einfach die neuen Parameter ein und sieht sofort, ob das Erfolg versprechend ist.


Bild 1:
Endgültige Version der Konzeptionstabelle für Photon (Screenshot). Die grünen Felder dürfen editiert werden, in die roten ist eine Formel eingetragen. Hauptresultate sind zum einen die Gesamtmasse (links
unten) und das maximale Steigen (rechts unten). Ziel ist natürlich, dass bei letzterem eine möglichst große positive Zahl steht.


2. Technik

Nun, ich denke, es ist am sinnvollsten, sich zunächst einen Überblick über die technische Ausstattung von Photon zu verschaffen. Dazu schauen wir uns mal gemeinsam ein kleines Blockschaltbild an:

Bild 2: Photons elektronische Ausstattung in einem Blockschaltbild veranschaulicht.

Nur keine Panik, es ist wirklich nicht kompliziert. Also, schön der Reihe nach:
  • Im Solargenerator wird Strom erzeugt.
  • Dessen Anschlüsse (Plus und Minus) sind einerseits zu einem Schaltmodul geführt.
  • Das Schaltmodul schaltet entweder durch, dann läuft der an dessen andere Seite angeschlossene Motor, oder es sperrt, dann steht der Motor.
  • Ob es sperrt oder durchschaltet, bestimmt der Empfänger, an dessen Gas-Kanal das Schaltmodul angeschlossen ist. Ab etwa Halbgas schaltet das Schaltmodul durch.
  • Der Minuspol des Solargenerators ist direkt mit dem Minuspol eines Empfängereingangs verbunden.
  • Der Pluspol des Solargenerators ist über einen Spannungsregler mit dem Pluspol desselben Empfängereingangs verbunden. Dank dem Spannungsregler wird der Empfänger mit konstanten 5 Volt versorgt.
  • Zwischen Plus- und Minus-Eingang des Empfängers sind hochkapazitive Kondensatoren (Goldcaps) geschaltet. Diese sichern im Falle eines Spannungseinbruchs die Stromversorgung des Empfängers und der Servos für mehr als 2 Minuten. Dies ist extrem wichtig!
  • Die Servos für Höhen- und Seitenruder sind mit den entsprechenden Empfängerausgängen verbunden.


Solargenerator

Als Energiequelle habe ich 14 Exemplare von 5 cm x 10 cm großen Solarzellen auserkoren. Sie bestehen aus monokristallinem Silizium.


Bild 3: Detailansicht einer solchen Solarzelle. Neu sehen sie natürlich schöner aus, diese war jedoch schon mal verbaut.

Siliziumsolarzellen sind am weitesten verbreitet und daher relativ (ich betone: relativ) günstig in der Anschaffung (hier 6,90 €/Stück). Monokristallin deshalb, weil diese den höchsten Wirkungsgrad (ca. 20%) unter den Siliziumsolarzellen besitzen.

Verbunden werden die Solarzellen mittels einiger Stückchen Solarzellen-Lötverbinder. Spezielles Solarzellen-Lot sorgt dafür, dass der Lötverbinder auch eine innige Verbindung mit den Solarzellen eingeht. Wer dies mit normalem Lot versucht, wird hier seine Heiligen finden!!! Man sollte es gar nicht erst versuchen!


Bild 4: Solarzellen-Lot (links) und Solarzellen-Lötverbinder (rechts) - einfach ein verzinnter Kupferstreifen.

Da die Solarzellen in Reihe geschaltet (wir wollen ja auf 7 Volt kommen!) werden, wird der Minuspol einer Solarzelle (Vorderseite/Sonnenseite) mit dem Pluspol der nachfolgenden Solarzelle (Rückseite) mithilfe des Solarzellen-Lötverbinders verbunden. Der Lötkolben sollte dafür auf mindestens 380°C eingestellt werden.

Noch eine Warnung, die ich nicht deutlich genug machen kann:

Bitte beim Verlöten der Solarzellen EXTREME VORSICHT walten lassen, da sie bei der winzigsten Belastung brechen. Zum Löten bitte etwas Weiches (z.B. mehrmals gefaltetes Küchentuch) unterlegen!


Antrieb

Auch hier hätten wir am liebsten die eierlegende Wollmilchsau: leicht, effizient, richtiges Verhältnis von Spannung und Stromstärke. Mit einem Glockenankermotor kommt man diesem Ideal schon recht nahe. Ich setze in Photon ein Exemplar namens DC 1717 der Firma Faulhaber ein. Seine Eckdaten:
  • Masse: 17,5 g
  • Maße: 17 mm (D) x 17 mm (L)
  • Leistung / Stromaufnahme bei 7 V: 6,23 W / 0,89 A (s. Excel-Tabelle oben)
  • bester Wirkungsgrad: 72%

Bild 5: Ein Blick auf Photons Motor und seine Befestigung.

Sicher kaum der Rede wert, dass ein Solarflugzeug gewiss nicht schnell unterwegs ist. Wir brauchen folglich gewaltige Untersetzung in Form eines möglichst effizienten Getriebes. Da ich es in Kombination mit dem Motor erstanden hab (es war bereits angeflanscht), weiß ich keine Bezeichnung, wohl aber seine Eckdaten:
  • Untersetzungsverhältnis: 1:11,8
  • Masse: 3,1 g
  • bester Wirkungsgrad: 81 %
Für die Umsetzung in Vorschub zeichnet sich eine 3,9 g leichte, sündhaft teure Carbon-Luftschraube verantwortlich. Ihre Abmessungen:
  • Durchmesser: 28 cm (11 Zoll)
  • Steigung: 12 cm (4,7 Zoll)

Bild 6: Blick auf den gesamten Antrieb mit Luftschraube. Man beachte die stattliche Größe der Luftschraube im Verhältnis zum Motor!


Schaltmodul & Spannungsregler

Nun kommen wir also zur Beantwortung der Frage, die ihr euch bestimmt gestellt habt: Warum zum Teufel verwendet man ein Schaltmodul, das nur die Zustände Ein oder Aus kennt?! Ganz einfach:
  • Wenn man von der Sonne wegkurvt oder eine dicke Wolke vor der Sonne durchzieht, dann bricht schlagartig die Spannung des Solargenerators zusammen. Ein konventioneller Regler müsste sich jetzt erst mal resetten und der Motor wäre für mehrere Sekunden lahmgelegt. Das ist zwar nicht gefährlich, weil jeder Flieger problemlos ein paar Sekunden segeln kann, aber trotzdem äußerst hinderlich im (Steig-)Flug und somit inakzeptabel.
  • Der Schub ist so gering, dass man hier überhaupt nichts dosieren muss. Normales Fliegen mit Vollgas; Sinkflug oder Thermikflug mit ausgeschaltetem Motor; das reicht völlig.
Die Verschaltung erfolgt einfach nach Anleitung, ganz unspektakulär.
Da wir nun keinen Motorregler an Bord haben, der die Steuerung mit konstanten 5 Volt versorgt, übernimmt diese Aufgabe ein separater Spannungsregler.


Bild 7: Blick von oben auf das auf den Kondensatoren montierte Schaltmodul.


Kondensatoren

Greifen wir noch einmal den Aspekt von gerade eben auf: Beim Wegkurven von der Sonne oder Durchzug einer dicken Wolke bricht die Bordspannung schlagartig zusammen.Ohne die Kondensatoren würde der Pilot in diesem Moment mit geweiteten Pupillen feststellen, dass die Steuerung nicht mehr funktioniert...

Damit die Steuerbarkeit des Flugzeugs in jedem Augenblick des Fluges gewährleistet ist, müssen Empfänger und Servos ununterbrochen mit ihren 5 Volt versorgt werden (zumal manche Fernsteueranlagen nach einem Spannungsausfall mehrere Sekunden für den erneuten Verbindungsaufbau brauchen).

Die beiden (in Reihe geschalteten) Goldcap-Kondensatoren mit einer Gesamtkapazität von 5 Farad sorgen dafür, dass die Steuerung selbst bei einem Totalausfall der Versorgungsspannung noch für mindestens zwei Minuten funktionstüchtig ist.

Die Kondensatoren sind also unverzichtbar!
Der Antrieb ist übrigens von den Kondensatoren entkoppelt und kann hiermit nicht gespeist werden. Photon ist damit immer noch ein waschechtes ungepuffertes Solarflugzeug.


Bild 8: Die Goldcap-Kondensatoren von der Seite. Bei dem Teil rechts oberhalb der Kondensatoren mit dem schwarzen Körper und dem Loch in der Metallplatte handelt es sich um den Spannungsregler.


RC-Anlage

Wie bereits erläutert, kommt bei mir eine 2,4-GHz-Anlage von Spektrum zum Einsatz:
  • Sender: DX6i
  • Empfänger: AR 6110e (4 g, 6 Kanäle)

Bild 9: Empfänger und Servos. Der Schalter ist nachträglich montiert worden, um nach dem Anstecken des Solargenerators den Empfänger abschalten zu können, dass die Kondensatoren ein paar Sekunden in Ruhe geladen werden können.

Das Pendelhöhen- bzw. -seitenruder wird je von einem 3,6-g-Servo der Marke BlueArrow betätigt. Sie entwickeln ein Drehmoment von 3 Ncm und haben eine Stellzeit von 0,12 Sekunden bei +/- 20° Servoweg.


3. Aufbau

Nachdem für die elektronischen Komponenten schon eine ganze Stange Geld den Besitzer gewechselt hat, sollte wenigstens die Flugzeugzelle schön preisgünstig sein!


Rumpf

Der 73 cm lange Rumpf ist äußerst spartanisch aufgebaut: Ein Streifen 6-mm-Depron, oben und unten beplankt mit 1,5-mm-Balsa. Diese Sandwichkonstruktion ist stabil, wiegt nicht viel und erfordert wenig Bauaufwand.



Bild 10 = Bild 8: Diesmal betrachten wir das Bild unter einem ganz anderen Aspekt. Ein Blick auf Photons Rumpf von der Seite offenbart dessen Aufbau: In der Mitte 6-mm-Depron, oben und unten beplankt mit 1,5-mm-Balsa (Klebstoff Epoxydharz).


Leitwerke

Angesichts der geringen Fluggeschwindigkeit sind die Leitwerke als Pendelleitwerke ausgeführt, um eine gute Steuerbarkeit zu erzielen. Sie sind aus 3-mm-Depron ausgeschnitten und mit einem stehenden 0,5x3-mm-Kohleflachprofil verstärkt.
Angelenkt werden sie mit 1-mm-Kohlestäben. Das Höhenleitwerk kann für den Transport ganz komfortabel ohne Auftrennen der Anlenkung auf- und abgesteckt werden.


Tragfläche

Da hab ich im 1. Teil ja schon ein bisschen vorgegriffen. Noch mal der schematische Querschnitt:


Bild 11: Schon wieder eine Wiederholung: der Profilquerschnitt.

Das 6x1-mm-Carbonflachprofil sorgt für die Biegesteifigkeit der Fläche, während das 6-mm-Depron den hinteren, geraden, ca. 10 cm tiefen Teil der Fläche bildet. Aus 6-mm-EPP besteht der vordere, gewölbte, ca. 5 cm tiefe Teil der Fläche, der aufgrund der Elastizität des Materials notfalls als Knautschzone fungiert.

Aufgrund der Seitenrudersteuerung muss die Fläche V-Form haben. Das geschieht durch die Ohren, die aber die Solarzellen auch in steileren Kurven nicht abschatten dürfen. Bei einer Reihenschaltung (wie hier der Fall) gehören natürlich auf die abgewinkelten Ohren keine Solarzellen!!!


So, das war's!
Jetzt fehlt nur noch der 3. und letzte Teil - wie man solarfliegt! Also nur noch der angenehmste und am leichtesten zu lesende Teil! Zu ihm gelangt ihr über folgenden Link:

Teil 3 - Ab in die Luft!


4. Bezugsquellen

So, jetzt hab ich mir ein kleines Problem eingehandelt: Einige für den Solarflieger verwendeten Komponenten sind heute nicht mehr bei meinen Bezugsquellen erhältlich und auch sonst nicht mehr aufzufinden (in der Liste mit "n.v.", also "nicht verfügbar", gekennzeichnet). Durch eine präzise Bezeichnung dieser Teile soll Nachbauwilligen das Finden von ähnlichen oder gleichen Artikeln bei anderen Quellen ermöglicht werden. Bei manchen Links muss auf der Zielseite noch etwas runtergescrollt werden, um zum gewünschten Artikel zu gelangen.

Anzahl
Artikel Einzelpreis [€] Gesamtpreis [€] Link
14 x Solarzelle monokristallin, 100 x 50 mm 6,90 96,60 n.v.
1x Silber-Lötsinn 14,30 14,30 Link
4x Solarzellen-Lötverbinder 0,5 m 1,00 4,00 Link
2x Goldcap-Kondensator 10F / 2,7V 2,90 5,80 Link
1x Faulhaber Glockenankermotor DC1717 ? ? n.v.
1x Getriebe 11,8:1 ? ? n.v.
1x Carbon-Luftschraube 28x12 cm (11x4,7") ? ? n.v.
2x Servo Blue Arrow BA-TS-3.6 ? ? n.v.
1x Schaltmodul 13,95 13,95 Link
1x Festspannungsregler 7805, 5V / 1A 0,52 0,52 Link

Stand: 21.09.2012


Haftungsausschluss: Durch die Beschaffung der Komponenten, den Bau und den Betrieb eines Solarfliegers können Schäden jeglicher Art entstehen. Für diese übernehme ich keinerlei Haftung.

News:

14.06.2014
Solarflug-Seiten überarbeitet

21.09.2012:
Neue, aktualisierte Modell-Galerie

07.09.2012:
Schleuderstart-Seite überarbeitet /
Nachtflug-Seite erweitert

...

03.08.2007:
Homepage erstellt
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